Acht Mal wurde nun seit der Bundestagswahl gewählt, sieben Mal in Bundesländern und ein Mal das Europäische Parlament. Und jeweils sieben Mal gab es für Union und SPD teils deutliche Verluste. Mehrfach waren die Ergebnisse, wie jetzt für CDU und SPD in Thüringen, historische Tiefpunkte im jeweiligen Wahlgebiet.
Dafür gibt es durchaus in vielen Fällen regionale Aspekte, wenig überzeugende Kandidaten oder Fehler im Wahlkampf. Prägend ist aus Sicht der Wählerinnen und Wähler auch jetzt in Thüringen aber, dass CDU und SPD den Eindruck erwecken, viel zu versprechen, wovon wenig konkret im Leben der Bürgerinnen und Bürger ankommt. Vor allem aber lastet die umgekehrte Führungssituation in Berlin auf den Parteien. Das löst die Wahrnehmung aus, dass es mehr um Personal und Posten geht als um Sachentscheidungen. In dieser Großwetterlage kann man auf Landesebene kaum gewinnen.
Die AfD schließlich setzt den Weg fort, den sie in Sachsen und Brandenburg auch beschritten hat. Grundsätzlich gilt in den allermeisten Ländern: Zur Bundestagwahl hat die Partei in Folge der Flüchtlingsdebatte ihr Potenzial maximal ausgeschöpft und schafft es bei den nachfolgenden Landtagswahlen etwa die Anteile zu erzielen, die sie auch bei der Bundestagswahl hatte, teilweise liegt sie leicht darüber. Auch wenn es mittlerweile etwas mehr überzeugte AfD-Anhänger gibt als bei vorangegangenen Wahlen: Weiterhin erklärt mehr als die Hälfte, die Partei gewählt zu haben, weil sie von anderen Parteien enttäuscht ist. Dabei bleibt der Faktor Höcke in Thüringen erstaunlich unauffällig. Zwar erklären selbst 44 Prozent der AfD-Wählerinnen und Wähler, dass er zu nah an rechtsextremen Positionen sei. Und nur gut die Hälfte der eigenen Anhänger hält ihn für den richtigen Spitzenkandidaten. Die Abstoßungskräfte sind aber offenbar genau wie die persönliche Zugkraft gering. Der Kandidatenfaktor etwa ist ähnlich niedrig wie bei Kalbitz in Brandenburg oder Urban in Sachsen. Und auch sonst gibt es im Vergleich der Länder keinerlei Auffälligkeiten. Das Motiv, den anderen Parteien eins auszuwischen, ist für viele Wählerinnen und Wähler der AfD offenbar so überragend, dass ihnen weitgehend egal ist, wer für diese Partei antritt und welche Positionen sie konkret formuliert.
5 Kommentare
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1: IQ:
27. Oktober 2019 um 18:42 Uhr
Wann endlich beigreift die Union, dass es so nicht mehr weitergeht.
Die Bürger werden verarscht, man rennt den Grünen, den Ideologen und Populisten nach – siehe Klimawandel, siehe Agrarpolitik, siehe Vernichtung der Arbeitsplätze in der Autoindustrie.
Vernunft, sachlich, wissenschaftlich begründete Entscheidungen gibt es nicht.
Merkel, Söder, Altmeyer und Klöckner und natürlich Schulze – sie sind Verantwortlich für dieses Wahlergebnis.
Aber – und auch das muss gesagt werden dürfen.
30 Jahre nach der Wende haben die Bürger in den neuen Bundesländern offenbar vergessen, wie es ihnen vor dieser Zeit ging. Anders lässt es sich nicht erklären, warum man der Nachfolgepartei der SED so viele Stimmen geben kann.
Und warum man dem Rattenfänger Höcke so folgt im Osten – das ist auch unbegreiflich.
2: Benjamin Payseur:
27. Oktober 2019 um 18:44 Uhr
Die Ergebnisse in Thüringen erinnern einen doch stark an das Ende der Weimarer Republik.
3: Courtney:
27. Oktober 2019 um 19:14 Uhr
Und es geht weiter….die SPD macht die AfD für ihr schlechtes Wahlergebnis vernatwortlich, denn diese habe so polarisiert, dass die Bürger die Linkspartei gewählt haben.
Mohring hingegen heftet sich den Erfolg der AfD, dass die bisherige Koaltition keine Mehrheit hat, an die eigene Brust…
Die Erkenntnis, dass es an den Inhalten liegt, kommt diesen Leuten wohl nicht in den Sinn
4: Def:
27. Oktober 2019 um 20:20 Uhr
In der Wahlberichterstattung hat sich jeder interviewte AFDler als "bürgerlich" bezeichnet.
Ich erwarte von öffentlich-rechtlichen Journalisten hier eigentlich entschiedenen Widerspruch.
Die Hetze und der Ausländerhass der AFD ist mit bürgerlichen Werten nun wirklich nicht vereinbar!
5: Uwe:
27. Oktober 2019 um 20:50 Uhr
Nach der Aufregung des heutigen abends wird doch nach wenigen Tagen dieses Ergebnis wieder vergessen sein. Es spielt schon aus quantitativen Gründen für die bundesweite poltische Landschaft keine Rolle.
Egal wie die Regierungsbildung erfolgt.
Trotz der starken Steigerung ist übrigens auch die Wahlbeteiligung
erschreckend gering. Es geht halt auch um beinahe nichts. Die Entwicklung des Landes Thüringen hängt viel mehr von der wirtschaftlichen Entwicklung der nächsten Zeit ab, als von diesen Wahlen.
Uwe
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