Dass die SPD in einem westlichen Bundesland mal um die Zweistelligkeit ringen würde, war noch bis vor kurzem unvorstellbar. Ihr bisher historisch schlechtestes Ergebnis in der Bundesrepublik überhaupt, hat sie 2004 in Sachsen mit 9,8 Prozent erzielt. Gut möglich, dass sie heute Abend in Bayern auch dort landet.
Bitter ist auch die Analyse für die Sozialdemokraten. Die Partei, die sich jahrzehntelang als Programmpartei gesehen und gefeiert hat, hat für die Mehrzahl der Wählerinnen und Wähler keine erkennbare Inhalte mehr. 79 Prozent der Bayern stimmen der Aussage zu „ihr fehlt ein zentrales Thema, mit dem sie die Menschen begeistern kann“. 71 Prozent stellen fest, man wisse nicht, „wofür sie eigentlich steht“. Und 76 Prozent der Befragten sind der Ansicht „es werde Zeit, dass die SPD sich in der Opposition erneuere“. Noch deutlicher, das Votum des harten verbliebenen Kerns der SPD-Wähler: Hier fordern 88 Prozent den Weg in die Opposition und damit den Ausstieg aus der Regierung in Berlin.
Zu lange hat die SPD an ihrem Markenzeichen „soziale Gerechtigkeit“ festgehalten, ohne, dass sich dahinter für die Wählerinnen und Wähler noch klare erkennbare Angebote verbergen. In Bayern ist der Kompetenzwert auf diesem Feld für die Partei nun erstmals auf 30 Prozent gefallen. Der niedrigste Wert im Feld der sozialen Gerechtigkeit, den Infratest dimap für die SPD in den alten Bundesländern jemals festgestellt hat. Natürlich ist die SPD vor allem im Berliner Sturm untergegangen. Aber sie konnte dem auf Landesebene auch nichts entgegensetzen. Die Spitzenkandidatin Natascha Kohnen hatte nicht die Zugkraft des ehemaligen Münchener Bürgermeisters Christian Ude, der 2013 antrat, und ein eigenes Thema vermochte Kohnen im Wahlkampf auch nicht zu setzen.
3 Kommentare
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1: Thomas:
14. Oktober 2018 um 19:23 Uhr
… eigentlich ein Grund für die SPD, die GroKo zu verlassen, oder? Sonst wird sich das Debakel in Hessen fortsetzen …
2: Manuela Huner:
14. Oktober 2018 um 21:37 Uhr
Natascha Kohnen sollte Haltung zeigen, die Konsequenz tragen und sofort zurücktreten. Ihr Wahlkampf war erst spät – zu spät – angriffsfreudig und die CSU hat doch die ganze Zeit so viele Angriffsflächen geboten. Ich habe die SPD trotzdem gewählt – vor allem aber aus Mitleid. So kann es nicht weiter gehen.
3: Fabian von Ziegler:
23. Oktober 2018 um 00:15 Uhr
Die SPD hat nicht nur ein Problem, sie hat mehrere.
An vorderster Stelle erscheint mir die SPD nicht glaubwürdig, wenn es um das Thema "Soziale Gerechtigkeit" geht. Diesen Begriff kann und/oder will die SPD nicht inhaltlich füllen. Vielmehr stellt dies eine Worthülse dar. Daneben trägt die SPD noch immer den Schatten der Schröder-Ära mit sich. Anstatt die damals gemachten Fehler endlich einzuräumen, erscheint es mir, als sei Gerhard Schröder noch immer die Lichtgestalt der SPD. Nein, Mitleid kommt für diese Partei bei mir nicht auf, so lange diese Partei sich nicht erneuern will. Natürlich würde es Mut und auch Kraft brauchen, aber es wäre der einzige richtige Schritt.
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